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Wenn der Partner gegangen ist…

Jeder, der heiratet oder sich zu einer festen Lebensgemeinschaft entschließt, tut das wahrscheinlich mit der Hoffnung „bis an das Lebensende“. Scheidung oder Trennung, so denken wir oft, passieren nur anderen. Und dann passiert es doch. Unser Partner hat die Entscheidung getroffen, die Beziehung zu beenden.

Erste Reaktion: wie im Schockzustand

Im ersten Moment sind wir wie gelähmt, wir können es einfach nicht begreifen. Wir wollen nicht wahr haben, dass dies das Ende der Beziehung sein soll. Diese Reaktion ist völlig normal. Wir verleugnen oder ignorieren die endgültige Trennung, pendeln zwischen Verzweiflung und der Hoffnung, dass doch alles wieder gut wird, dass die Trennung nur vorläufig ist und wir den Partner noch zurückgewinnen können.

Besonders schwer trifft es uns, wenn die Trennung ganz plötzlich und unerwartet kommt. Wir haben bestimmte Signale unseres Partners nicht gesehen oder nicht sehen wollen. Aber auch wenn wir es geahnt haben, sind wir in der ersten Zeit wie im Schockzustand. Was vorher eine wage Bedrohung war, ist Wirklichkeit geworden und unser Kopf will es zunächst einfach nicht glauben.

Ein einziges Gefühlschaos

Wenn die Trennung tatsächlich vollzogen ist und die Abwesenheit des anderen ist spürbar, weil z.B. die Wohnung leer ist, fangen wir an zu realisieren, dass es vorbei ist. Erst das Anerkennen der Trennung lässt den seelischen Schmerz und auch die Wut wirklich zu. Dann durchleben wir eine Phase der Trauer, die durch starke Stimmungsschwankungen und Orientierungslosigkeit gekennzeichnet ist.

Wir sind verzweifelt und hilflos. Ein ganzes Gefühlschaos bricht los. Wir können uns nicht vorstellen je wieder glücklich zu sein. Uns kommen all die schönen Erinnerungen hoch, die uns den Verlust besonders schmerzhaft vor Augen führen. Die verschiedensten Gefühle überfluten uns: Traurigkeit, Wut, Angst, innere Unruhe und Nervosität, vielleicht auch körperliche Beschwerden. Vielleicht ist es aber auch eher wie eine innere Lähmung, so dass uns selbst die einfachsten Dinge uns unendlich mühsam vorkommen. Wir werden konfrontiert mit einer inneren Leere, ein Gefühl von totaler Verlassenheit und Ausgestoßensein.  Quälende Einsamkeitsgefühle und Angst brechen über uns herein. Ohne den Partner haben wir den Halt verloren, wir haben Angst, das Leben allein nicht zu meistern.  Wir trauen uns nichts mehr zu. Wir fürchten die Nächte und Wochenenden. Das Alleinsein wird fast unerträglich. Gerade nach einer langjährigen Beziehung sind wir auf das Leben als Single nicht besonders gut vorbereitet. Die Veränderungen der Finanzen, der Wohnung, möglicherweise die alleinige Erziehung der Kinder, die bürokratische Abwicklung der Scheidung erscheinen uns als unüberwindbare Hürde. All diese Anforderungen schnüren uns die Kehle zu.

Immer wieder kommt das Gefühl auf, vollkommen gescheitert zu sein. Wir quälen uns mit Selbstzweifeln, Selbstanklagen und Schuldgefühlen: Warum ist er/sie gegangen? Was ist nicht gut genug an mir? Was habe ich falsch gemacht? Ich hätte mehr für die Beziehung tun müssen. usw. Hinzu kommt vielleicht die Angst, nicht liebenswert und nicht mehr attraktiv genug zu sein, um je wieder einen Partner zu finden.

Aber auch Wut und Hassgefühle flammen in uns auf. In unseren Gedanken beschimpfen wir den Ex-Partner, machen ihm heftige Vorwürfe, vielleicht haben wir auch Rachegedanken. Diese Wut schlägt aber alsbald wieder um in Schmerz. Wir pendeln unentwegt zwischen Hass auf den Ex-Partner und Sehnsucht nach ihm. Vielleicht versuchen wir auch, den Partner zurückzugewinnen, weil wir uns noch nicht von der Hoffnung trennen können, dass es noch ein Zurück, eine Chance für die Beziehung gibt. Wenn diese Versuche scheitern, empfinden wir heftige Schamgefühle und werten uns selbst ab, ja, wir verlieren fast unsere Selbstachtung.

Das Trauern zulassen…

Es ist zunächst sehr wichtig zu verstehen, dass all diese Reaktionen – der Schmerz, die Wut, die Angst, der Selbsthass – völlig normal sind und ganz natürliche Reaktionen auf den Verlust eines Menschen, der uns viel bedeutet hat. Sie gehören zu dem notwendigen Trauerprozess, der es uns erlaubt, uns von diesem Menschen zu lösen. Wirklich trauern zu können ist wichtig für jeden Menschen. Auch wenn wir uns selbst nicht gern so erleben und wir meinen, wir müssten weiter „normal“ funktionieren. Häufig reißt uns aber eine Trennung vollkommen aus unserer jetzigen Lebenssituation heraus. Es ist nicht nur der Verlust und Abschied von der Person, sondern auch ein Abschied von einem Lebensentwurf, von der Idee einer gemeinsamen Zukunft sowie ein Abschied von gemeinsamer Lebenserfahrung. Es ist eine ganze Welt, die hier aus den Fugen gerät. Daher ist es kein Wunder, dass wir Orientierung und Halt für einige Zeit verlieren.

Trauernde befinden sich sozusagen in einem Ausnahmezustand. Wie lang dieser Zustand anhält, kann von Person zu Person und von Situation zu Situation ganz unterschiedlich sein. Wir dürfen uns daher nicht unter Druck setzten. Auch wenn es nicht einfach ist, sollten wir uns erlauben, uns so viel Zeit zu nehmen, wie wir für diesen Prozess brauchen. Wichtig ist, dass wir all diesen unterschiedlichen Gefühlen Raum gegeben, dass wir sie anerkennen und nicht dagegen ankämpfen. Dies gelingt uns am besten, wenn wir in dieser Zeit so gut wie möglich mit uns selbst umgehen und gut für uns sorgen.

Es ist sehr wichtig, sich in dieser Phase nicht zu sehr zurückziehen. Suchen Sie den Kontakt zu guten Freunden und wählen sie Ihre Gesprächspartner mit Sorgfalt aus. Wenn Sie Menschen finden, denen Sie sich in ihrem Schmerz und ihrer Hilflosigkeit zeigen können, aber auch Menschen mit denen Sie lachen und unbeschwert sein können, je nachdem was Sie gerade brauchen, dann ist das sehr viel wert. Vielleicht kennen Sie jemanden, der eine ähnliche Situation bereits durchgestanden hat?  Es ist wichtig jemanden zu haben, der bereit ist Ihre Trauer auszuhalten, jemand, der Sie in dieser Zeit begleiten und unterstützen kann, ohne zu drängen. Oft ist der Druck von außen, wieder zur Normalität zurückzukehren, sehr groß. „Vergiss ihn doch einfach, der ist es eh nicht wert gewesen!“ „Sieh`s doch positiv…“, „Du wirst schon jemand anderen finden.“ Solche Ratschläge sind zwar gut gemeint aber wenig hilfreich. Eigentlich brauchen wir einfach nur jemanden, der uns zuhört und für uns da ist.

…um loszulassen

Wenn wir geduldig und wohlwollend mit uns sind, und versuchen nicht mit der Situation zu hadern, können wir nach einiger Zeit schon wieder erste Schritte machen, uns der Zukunft zu öffnen. Dann finden wir auch den Mut wieder, das Leben neu zu gestalten.

Wenn die Zeit kommt und wir wirklich Abschied genommen haben, wird vielleicht eine innere Versöhnung möglich werden. Dann können wir uns zugestehen, dass wir das Alte bewahren dürfen. Eine solche Versöhnung kann sehr heilsam sein. Die Erfahrungen, die man mit der Person gemacht, gerade die guten Dinge, sie bleiben uns dann sozusagen als „Erfahrungsschatz“.

Ein empfehlenswertes Buch, das Sie durch diesen Trauerprozess begleiten kann, ist von Doris Wolf erhältlich: Wenn der Partner geht … – Wege zur Bewältigung von Trennung und Scheidung.

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