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Umgang mit chronischem Schmerz

Körperliche Schmerzen beeinträchtigen

Körperliche Schmerzen beeinträchtigen das Leben vieler Menschen; unerträgliche Schmerzen in den Gelenken, chronische Rückenschmerzen, wiederkehrende Kopfschmerzen, Schmerzen nach Operationen, Tumorschmerzen…  Sie alle können die Betroffenen zermürben und schwächen. Sie schlafen schlecht, empfinden weniger Freude am Leben und ziehen sich zurück.

Der körperliche („physische“) Schmerz ist sehr belastend, aber viele Menschen sind sich gar nicht bewusst, wie stark sich Schmerzen auch psychologisch auswirken, wie sie die Lebensqualität vermindern und bewirken, dass nur „ein kleines Leben“ gelebt wird. Viele Schmerzpatienten fühlen sich festgefahren in ihrem Schmerz, verurteilt zur Passivität, Hilflosigkeit und Isolation.

Forschung zu Schmerz

In vielen Bereichen (z.B. Tumorforschung) hat sich aber die Erkenntnis bereits durchgesetzt, dass psychologische Unterstützung Beschwerden lindern und den Heilungsprozess beschleunigen hilft.

Die Schmerzforschung hat den Weg geebnet, Schmerz „ernst zu nehmen“, das subjektive Leiden jedes von chronischen oder wiederkehrenden Schmerzen Betroffenen zu würdigen und die Betroffenen zu ermutigen, aktiv den Umgang mit ihrem Schmerz zu verändern.

Jeder Schmerz ist anders!

Schmerz wird nicht von allen Menschen gleich empfunden, wird nicht „objektiv“ wahrgenommen; es geht immer um das persönliche subjektive Schmerzempfinden, das wechseln kann, abhängig von jeweiliger Stimmung, Tagesverfassung und Aktivität.
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„Negative“, belastende Gefühle wie Hoffnungslosigkeit, Ärger und Verzweiflung verstärken meinen Schmerz, angenehme Gefühle wie Freude, gute Laune, Gelassenheit verringern das Schmerzempfinden.
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Wenn ich die Erwartung habe, dass es wehtut, dann tut es auch weh!
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Schmerz hat eine wichtige Funktion als Warnsignal, als Zeichen für die Bedürfnisse meines Körpers oder als Hinweis auf eine Erkrankung.  Wenn ich weiß, was in meinem Körper abläuft, kann ich besser darauf Einfluss nehmen und fühle mich weniger hilflos.
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Der Schmerz fühlt sich nicht immer gleich an. Um Unterschiede festzustellen, kann ich zeitweise ein Schmerztagebuch führen. Ich beurteile die Schmerzstärke (wechselnd von 1-10), die Schmerzqualität und die Dauer der Schmerzen und mache mir Notizen über meine Stimmung, wichtige Ereignisse und mögliche Auslöser. Indem ich auf Unterschiede und Auslöser achte, habe ich mehr Kontrolle und fühle mich weniger ausgeliefert.
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Ganz wichtig ist es, mir klar zu machen, dass ich meinen Schmerz stärker wahrnehme, wenn ich meine Aufmerksamkeit voll auf den Schmerz richte, mich gedanklich nur darauf konzentriere, darüber intensiv spreche oder „jammere“.
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Schmerz bedeutet Stress. Es hilft mir, mir darüber klar zu werden und im Gespräch auszutauschen, was mir Stress bereitet; ist es die Arbeit, sind es die Beziehungen zu Kollegen oder Familienmitgliedern, bin ich durch die Pflege eines Angehörigen überlastet? Oft geht es um Mehrfachbelastungen, die ich vielleicht in Zukunft nicht mehr alleine tragen sollte.

Ständiger Schmerz kann müde und träge machen

Um mich besser zu fühlen, hilft es mir, langsam wieder in die Bewegung zu kommen. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten; spazieren gehen, wandern, schwimmen oder tanzen, egal was, wenn es nur Freude macht. Zur Motivationssteigerung kann ich mich auch einer geführten Gruppe anschließen und mit Gleichgesinnten Yoga, Feldenkrais oder Gymnastik nach Musik trainieren.

Es gibt sehr viele Methoden, gut für mich zu sorgen. Um das Geeignete zu finden, kann ich in mich hineinhören und erforschen, was mir früher Freude gemacht hat und vielleicht (wieder) Freude machen könnte. Ich kann frühere Hobbies neu beleben oder Neues ausprobieren. Vielleicht habe ich Lust, im Kontakt mit anderen Menschen eine neue Sprache zu lernen. Auch intensive Beschäftigung mit Musik, wie z.B. Konzertbesuche, Hören von CDs, Singen in einem Chor oder das Erlernen eines Musikinstruments kann mich zeitweise von meinem Schmerz ablenken. Immer, wenn ich mich wohl fühle,  werde ich meine Schmerzen weniger spüren.

Vieles, was hier angesprochen wurde, gelingt nach jahrelangen Schmerzen nicht mehr alleine. Vielleicht hat mich der Mut verlassen, wieder auf Menschen zuzugehen oder alte Freunde anzurufen. Vielleicht fehlt mir die Motivation, wieder in Bewegung zu kommen und aktiv zu werden. Wenn der Schmerz so viel Macht gewinnt, ist es an der Zeit, mir Unterstützung zu suchen.

Therapeutische Hilfe

Im Gespräch mit einem Arzt und Psychologen/Psychotherapeuten kann ich offen über meine Schmerzen und ihre vielfältigen belastenden Auswirkungen sprechen und konkrete Hilfen bekommen, wie ich in Zukunft besser mit der Schmerzbelastung umgehen kann. Jede Einstellungs- und Verhaltensveränderung braucht Zeit und viele anerkannte Techniken müssen erst neu erlernt, eingeübt und regelmässig trainiert werden, um ihre hilfreiche Wirkung voll zu entfalten.

Im therapeutischen Gespräch lerne ich, mein „Katastrophendenken“ abzubauen, indem ich mir darüber klar werde, dass Schmerz keine „Katastrophe“ ist, der ich hilflos ausgeliefert bin, sondern durch mein eigenes Zutun beeinflusst werden kann. Ich trainiere auch bewusst, meinen „Aufmerksamkeitsscheinwerfer“ weg vom Schmerz hin zu positiven Aktivitäten und Erfahrungen lenken.

Der Psychologe kann mich auch dabei unterstützen, mein Leben so zu gestalten, dass es mir besser geht:

  • Ich nehme mir Raum, über meine Sorgen, Schuldgefühle und Ängste zu sprechen, Ärger und Wut nicht mehr zu schlucken, sondern auszudrücken.
  • Ich lerne meinen Körper bewusst wahrzunehmen und auch mit meinen Kräften zu haushalten, denn jegliche Überforderung verstärkt meine Schmerzen.
  • Ich trainiere, meine Sprache optimistischer zu gestalten („gute Laune-Wörter“).
  • Ich lerne, gut für mich zu sorgen, indem ich meine Isolation verlasse, selber aktiv werde und Verantwortung übernehme für mein Leben und für meinen Umgang mit Schmerzen.
  • Und ich lerne, mir zu erlauben, andere Menschen um Hilfe zu bitten!

Weil Schmerz viel mit Anspannung zu tun hat, macht es Sinn, in schmerzfreien Zeiten Entspannungsverfahren wie z.B. Autogenes Training oder die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson zu erlernen und regelmäßig anzuwenden. Auch bestimmte Atemtechniken (z.B. Bauchatmung) können helfen, innerlich zur Ruhe zu kommen. Angebote zum Erlernen verschiedener Atem- und Entspannungstechniken gibt es im Programm von Institutionen der Erwachsenenbildung und Gesundheitspflege. Auch von meinem Hausarzt kann ich mir Psychologen oder Psychotherapeuten nennen lassen, die Behandlungsschwerpunkte wie z.B. Schmerzbewältigung, Stressbewältigung, Umgang mit chronischem Schmerz und Entspannungsverfahren anbieten.

Manchmal ist es trotz aller hilfreichen Techniken nötig, ein Medikament zu nehmen. Auch diese Hilfe darf ich nutzen – ohne schlechtes Gewissen. Ich sollte auch nicht zu lange damit warten, um mein „Schmerzgedächtnis“ nicht zum Zuge kommen zu lassen.

Ein Anruf bei SOS Détresse

Ein Anruf bei SOS Détresse kann der erste Schritt sein, die Isolation zu verlassen, mit meinem Schmerz nicht mehr allein zu bleiben, sondern mit einem anderen Menschen ins Gespräch zu kommen. In einem (anonymen) Gespräch mit ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Telefon habe ich die Möglichkeit, mich zu öffnen und gemeinsam nächste Schritte zu überlegen.

Hilfreiche Literatur

Butler Moseley, 2009, Schmerzen verstehen 2. Auflage, Springer

Richter, Jutta. Schmerzen verlernen. Springer, 2. Auflage (2013). ISBN-13: 978-3642349331

von Wachter, Martin. Chronische Schmerzen. Springer, 2. Auflage (2014). ISBN-13: 978-3642393259

Wolf, Doris. „Körperliche Schmerzen“ Selbsthilfe Beratung.
http://www.selbsthilfe-beratung.de/koerperliche-schmerzen.html

Wolf, Doris. „In 60 Sekunden wieder gut drauf sein – geht das?“ Selbsthilfe Beratung.
http://www.selbsthilfe-beratung.de/gute-laune-strategien.html

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