Wenn das Liebesleben leidet – Partnerschaft & Sexualität
Sexualität und Zärtlichkeit sind für die meisten Menschen ein sehr wichtiger Bestandteil einer Partnerschaft. Körperliche Nähe und positive gelebte Sexualität sind eine Quelle von Zufriedenheit und sie vertiefen und stärken die Beziehung. Wie in allen anderen Bereichen einer Partnerschaft kann es natürlich auch hier Schwierigkeiten geben. Diese können sehr verschieden sein, wie auch die Hintergründe dafür. Lustlosigkeit bei Frauen und Potenzprobleme bei Männern gehören sicher zu den häufigsten Problemen.
Unser Liebesleben kann wie ein Spiegel unserer Beziehung sein. Hier schlagen sich oft Konflikte und Missstände in anderen Bereichen der Beziehung deutlich nieder. Das spüren Frauen oft deutlicher als Männer. Manchmal geht es aber auch darum, dass Partner unterschiedliche Ansprüche, Bedürfnisse und Erwartungen haben, was ein befriedigendes Liebesleben angeht. Dass Männer und Frauen sich z.B. darin unterscheiden, wie oft sie Lust auf Sex haben, ist ganz natürlich und normal. Oft treffen auch einfach zwei Menschen mit ganz unterschiedlicher Erziehung, Sozialisation und Erfahrung in Bezug auf Sexualität aufeinander. Einen guten Umgang mit diesen Unterschiedlichkeiten zu finden ist nicht immer ganz leicht. Wenn es um Probleme in der Sexualität geht, leiden fast immer beide Partner. Häufig leidet auch die ganze Beziehung.
Ein wirklich offener Umgang mit Sexualität ist in unserer Gesellschaft immer noch keine Selbstverständlichkeit. Auch in Partnerschaften ist Sexualität häufig ein empfindliches Thema, vor allem wenn es nicht so läuft, wie man es sich wünscht. Oft fehlt uns einfach die Sprache, um unserem Partner unsere Bedürfnisse und Wünsche mitzuteilen, um ihm zu sagen was uns gefällt und was uns nicht gefällt. Zudem können Kritik und Zurückweisung hier besonders verletzend sein, weil „Mann“ oder „Frau“ sich im Bereich Sexualität schnell unzulänglich, unattraktiv oder auch unfähig fühlt. Das macht es zu einem besonders heiklen Thema.
Das Leiden, welches aus Problemen in der Sexualität eines Paares entspringt, beruht eben nicht nur darauf, dass einfach etwas fehlt in der Beziehung. Es gründet sich vor allem in der Angst vor dem ungeliebt sein, dem Verlassen werden und der Einsamkeit. Häufig ist es auch eine tiefe Verunsicherung und eine Verletzung der eigenen Männlichkeit oder Weiblichkeit, weil man nicht so funktioniert, wie man es von sich selbst erwartet.
Dazu kommt, dass viele Bereiche unseres Lebens heute sexualisiert und erotisiert sind. In den Medien vermittelte Bilder von Sexualität bieten allerdings keine Modelle für das „alltägliche“ Liebesleben. Vielmehr verunsichern sie uns weil sich Darstellungen von Sexualität in Film und Fernsehen, in Magazinen und im Internet auf Extreme wie das Ideal erotisch-sinnlicher Leidenschaftlichkeit oder eher pornografische oder gar gewaltsamen Formen von Sexualität beschränkt. Auch das große Angebot an Ratgebern kann uns verunsichern und verwirren. Der auf gesellschaftlichem Weg erzeugte Erwartungs- und Erfolgsdruck, kann Männern und Frauen sehr zu schaffen machen.
Viele Menschen stellen sich daher die Frage, was „normale Sexualität“ eigentlich bedeutet. Als normal bezeichnen wir zunächst einmal jede Form der Sexualität, die auf Freiwilligkeit und auf einem respektvollen Umgang miteinander beruht und in der die persönlichen Grenzen und die körperliche und psychische Unversehrtheit des anderen gewahrt bleiben. Darüber hinaus muss jedes Paar letztlich selbst herausfinden, was es für sich als stimmig und lustvoll erlebt.
Sollten Sie das Gefühl haben, dass das Thema Sexualität eher zu einer Belastung für Sie, ihren Partner und ihre gemeinsame Beziehung geworden ist und es fällt Ihnen sehr schwer offen mit ihrem Partner darüber zu reden, so kann vielleicht ein klärendes Gespräch bei SOS-Détresse hilfreich sein. Zusammen mit unseren Mitarbeitern können Sie schauen, welche Hilfe und Unterstützung Sie und ihr Partner brauchen. Stehen sexuelle Probleme mit Zusammenhang mit anderen Konflikten sollten Sie sich nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Paarberatung und Paartherapie haben sich in dieser Hinsicht sehr bewährt.
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