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Angehörige in Krisen/Pflege

Zu jedem Moment kann es einen Menschen in Ihrem Umfeld geben, der in die Krise gerät und Sie auch betroffen sind. Dies haben Sie sich nicht ausgesucht, nicht gewählt. Sondern Sie sind vom einen zum anderen Moment mit-betroffen. Sie wurden in diese Situation hineinkatapultiert, sind unvorbereitet, haben sich möglicherweise noch nie mit dem Thema, das Sie jetzt als Angehöriger betrifft, beschäftigt.

Krisen können jederzeit auftreten und umfassen

  • Lebenskrisen
  • genauso wie Krisen nach dem Verlust eines geliebten Menschen
  • Krisen nach Diagnosen von unheilbaren oder chronisch physisch und psychischen Krankheiten
  • Krisen, wenn aus einer Kurzzeitpflege eine Langzeitpflege wird
  • Krisen, die bedingt sind durch den Verlust des Arbeitsplatzes
  • Krisen nach Migration und Flucht aus dem Heimatland
  • Sinn- und Wertekrisen,

die Menschen in schwere Verzweiflung stürzen können.

Angehöriger sind Sie nicht nur wenn Sie zur Familie gehören, sondern auch wenn Sie sich mit der Person verbunden fühlen.

 

Sie sind wichtig!

Sie sind sehr wichtig für Menschen in einer Krise. Als Angehöriger haben Sie vielleicht schon einmal gehört „für mich bist du der Fels in der Brandung“ oder Aussagen wie „schön, dass es dich gibt“ oder „was würde ich ohne dich nur machen“. Vielleicht sagt der Betroffene auch mit seinen Blicken, dass er froh ist, dass Sie dies jetzt zusammen durchstehen. Vielleicht zeigt er auch einfach seine Verletzlichkeit, weil er/sie weiß, dass er Ihnen dies in diesem Moment zumuten darf. Das er/sie ganz loslassen und sich auf sich konzentrieren kann, weil Sie DA sind!

Sie nehmen in den Arm, trösten, Sie halten und halten vielleicht auch aus, dass der andere Sie zurückweist. Sie übernehmen die Versorgung des anderen mit. Besuchen den anderen jeden Tag im Krankenhaus oder Pflegeheim. Sie kochen, waschen und kümmern sich um die Kinder.  Sie sind bereit, eine Teilverantwortung zu übernehmen. Sie nehmen vielleicht auch hin, dass der Mensch in der Krise, Sie mit seinen Gefühlen fast schon überflutet.

Es ist schön jemanden zu unterstützen, andererseits kann es auch schwierig sein. Dies wird Sie vielleicht auch hilflos zurücklassen. Vielleicht sehen Sie auch etwas, was der Mensch in der Krise gerade nicht sieht und möchten ihm dies sagen. Es fällt Ihnen eventuell auch schwer den Menschen so im Leid zu sehen und möchten auch, dass die Krise für den anderen „schnell wieder weggeht“.

 

Gratwanderung für beide Seiten

Dies ist eine Gratwanderung für beide Seiten: Sie müssen aushalten, dass es dem Betroffen weiterhin schlecht geht. Der Betroffene muss aushalten, dass Sie möchten, dass es ihm gut gehen soll und auch manchmal nach Lösungen suchen.

Ihre Hilflosigkeit und verbunden mit dem Wunsch, dass der andere schnell wieder aus seinem Loch herauskrabbelt, sind legitime und nachvollziehbare Wünsche. Dies ist der Wunsch vieler Angehörigen, die helfen. In dieser Situation kann es jedoch häufig am hilfreichsten sein, wenn Sie zuhören und signalisieren, dass Sie einfach da sind.

Gleichzeitig können Sie jedoch auch fragen, was der andere gerade braucht. Oder auch sagen, was Sie gerade spüren oder nicht verstehen. Es wird dann möglich, etwas besprechbar zu machen, was sonst vielleicht im Stadium von Vermutungen hängenbleibt.

 

Über sich hinauswachsen

In dieser Krisensituation werden Sie vielleicht über sich hinauswachsen, werden über Kräfte verfügen, von denen Sie nicht wussten, dass Sie sie haben. Es kann auch sein, dass Sie dies an Ihre eigenen Grenzen oder darüber hinausführt. Eine Zeit lang können Sie dies vielleicht auch gut aushalten, irgendwann gibt es jedoch auch ein „STOP“ für Sie. Werden Sie sich bewusst, wo Ihre persönlichen Grenzen liegen. Wann ist der richtige Zeitpunkt, an dem Sie STOP sagen müssen? Wie können Sie dies dem anderen auch mitteilen? Wie gehe ich mit Schuldgefühlen um, die sich da vielleicht auch einschleichen können?

Seien Sie sich bewusst, wenn Sie auch für sich gut sorgen, können Sie auch anderen helfen!

Wissen Sie, was Ihnen in dieser Situation guttun würde? Was Sie brauchen, sodass auch Ihre Bedürfnisse in dieser schwierigen Zeit befriedigt werden und nicht unter den Tisch fallen?

Dies gilt noch einmal mehr, wenn aus der anfänglich zeitlich begrenzten Krise ein dauerhafter Alltag wird bei Pflegefällen, chronischen Krankheiten oder immer wiederkehrenden Krisensituationen.

Noch mehr wie in absehbaren Krisen, kommt hier die Ungewissheit als weiterer Faktor hinzu. Umso mehr ist es wichtig, sich Ihre Kräfte und Energie gut einzuteilen.

Es kann auch Momente geben, in denen Sie als Angehörige an Ihre Grenzen stoßen. Es ist wichtig, dass Sie diesen Zeitpunkt erkennen, ernst nehmen und dann auch an professionelle Helfer/-innen abgeben können. Dies gilt für alle Krisen zu jedem Moment.

 

Sich selbst stärken und Gutes tun

Genauso wichtig kann es jedoch auch für Sie sein, sich mit anderen Menschen zu vernetzen, sich auszutauschen. Aktivieren Sie Ihr privates Netz und zeigen Sie auch Ihre Bedürfnisse. Oder es könnte auch manchmal hilfreich sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Vielleicht kann eine Selbsthilfegruppe für Angehörige hilfreich sein, vielleicht ist es auch eine unterstützende Einzelberatung.

Denken Sie auch an Ihre physische und psychische Gesundheit, so wie Sie an der Gesundung des Menschen Anteil nehmen, um den Sie sich gerade kümmern.

Als Angehöriger in Krisen wachsen Sie über sich hinaus, vielleicht stellen Sie nach bewältigter Krise fest, dass Sie sich verändert haben und über ganz neue Fähigkeiten und Ressourcen verfügen.

Vielleicht ist die Krise mit Konflikten beladen, die Sie gut lösen können und Sie können erstarkt aus der Krise hervorgehen. Es könnte auch sein, dass sich der Mensch, den Sie auf seinem Weg begleiten in eine andere Richtung weiterentwickelt wie Sie und sie irgendwann getrennte Wege gehen.

Auf jeden Fall sei an dieser Stelle gesagt, dass Ihnen als meist stiller Begleiter im Hintergrund, Weggefährte und Alltagsheld/-in große Anerkennung und Respekt gebühren!

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