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Die Gewalt in der Paarbeziehung

Die luxemburgische Gesetzgebung macht sichtbar, dass wir in einem Land leben, das sich heute sehr klar gegen jede Art zwischenmenschlicher Gewalt, die angeprangert wird, positioniert. Auch wird das Leiden der Opfer anerkannt. Gewalt kann jeden Menschen (be)treffen und wir  können  ihr überall begegnen: in jeder sozialen Schicht, in öffentlichen Verkehrsmitteln, auf dem Arbeitsplatz bis hin zum privaten Schlafzimmer. Kommt es zu Gewalt in intimen Beziehungen, so wird die Situation noch komplexer und das persönliche Leiden noch mehr gesteigert. Wir haben es hier mit einem gesellschaftlichen Problem zu tun, das es unbedingt zu bekämpfen gilt.

Was ist Gewalt und wann sprechen wir von Gewalt?

Als Gewalt bezeichnen wir alle besitzergreifenden missbräuchlichen Verhaltensweisen, Worte oder Gesten, die wiederholt aggressiv gegen einen anderen Menschen eingesetzt werden. Wir tendieren dazu zu glauben, dass jemand gewalttätig wird, wenn er die Kontrolle über sich verliert. Dies stimmt auch, wenn ein Mensch einmal gewalttätig wird. Wird Gewalt  wiederholt angewandt, zwei, drei, vier… mal, dann sind der Täter und das Opfer in einer Gewaltbeziehung blockiert. In diesem Fall wird Gewalt benutzt, um einen anderen Menschen zu beherrschen und die eigene Macht über den anderen zu bestätigen. Gewalt ist an Manipulation gebunden und kann extrem destruktive Auswirkungen haben, sowohl körperlich als auch mental.

Das Erleben der Gewalt ist persönlich. Gewalt beginnt in dem Moment, in dem sich ein Mensch gedemütigt, entwürdigt oder verletzt fühlt. Die Person selbst spürt ihre Grenzen und es ist nicht der Aggressor, der definiert, wo Gewalt beginnt. Wenn eine Person einen Akt als gewalttätig empfindet, dann war dieser gewalttätig und wir haben es mit Gewalt zu tun. Es ist wichtig, dass Menschen ihren eigenen Empfindungen trauen: wenn die Handlung eines anderen Menschen uns verletzt hat, dann ist es wichtig, dies anzusprechen und aufzulösen.

Es gibt verschiedene Arten von Gewalt:

  • Die psychische und die verbale Gewalt: hier geht es um den Angriff auf die psychische oder mentale Integrität eines Menschen. Diese Form von Gewalt wird eingesetzt um den Anderen zu destabilisieren und in seinem Selbstwert anzugreifen oder seinen Selbstwert zu mindern. Dies geschieht durch Drohungen, emotionale Erpressung, Kontrolle, Beschimpfungen …
  • Die physische Gewalt: hiermit meint man alle Angriffe auf die physische Integrität und den Körper eines Anderen. Dies geschieht durch Schlagen, kräftiges Anfassen, Zufügen von Verbrennungen, Beißen, mit den Haaren ziehen…
  • Die sexuelle Gewalt: diese geschieht, indem man dem Anderen seine Überlegenheit zeigt und die eigenen sexuellen Wünsche aufzwingt z.B. durch Vergewaltigung, durch Aufzwingen von sexuellen Praktiken …
  • Die ökonomische Gewalt: hier wird dem Anderen nicht erlaubt, finanziell unabhängig zu sein; man kontrolliert seine Ausgaben und sein Geld, man verbietet dem Anderen zu arbeiten oder zwingt ihm die Position eines Bettlers auf..….

Diese unterschiedlichen Arten von Gewalt treten speziell zu Hause und in der Familie auf. Die Mehrzahl der Opfer sind Frauen und Kinder, die der Gewalt vom Vater, vom Partner oder Ex-Partner der Frau ausgeliefert sind. Und doch gibt es immer mehr Männer, die aussagen, dass ihre Partnerinnen ihnen gegenüber gewalttätig sind.

Kommt es zu Gewalt in den persönlichen Beziehungen der Mitglieder einer Familie, so sprechen wir von häuslicher Gewalt. Hier geht es um die Gewalt in der Paarbeziehung, der Gewalt der Eltern gegen ihre Kinder, der Kinder gegen ihre Eltern … Auch der Arbeitsplatz kann ein Ort sein, an dem es zu Gewalt kommt; wir sprechen dann von Mobbing.

Gewalt kann also jeden von uns betreffen, unabhängig vom Alter, Geschlecht oder Schichtzugehörigkeit. Sie kann uns an jedem Ort begegnen. Sollten Sie sich hier angesprochen fühlen, so wird es wichtig sein, dass Sie sich öffnen und darüber reden.

 

Der Zyklus der Gewalt

Gewalt-zyklus

Der Zyklus der Gewalt ist charakteristisch für die Gewalt in der Paarbeziehung und erlaubt es uns, diese vom Paarkonflikt oder Streit zu unterscheiden. Beim Streit haben wir es mit  Kontrollverlust zu tun. Hier kommt es vor, dass ein Partner Gewalt einsetzt, wenn er keinen Zugang zu anderen Mittel mehr findet, weil er an seiner Grenze und am Ende ist. In diesem Fall wird der Aggressor seine Tat bitter bereuen, er wird sich ehrlich entschuldigen und nicht wieder gewalttätig werden. Auch wird sein Partner die Möglichkeit haben zu sagen, dass dieses Verhalten nicht korrekt war und dass man dies nicht machen darf. Symmetrie und Ebenbürtigkeit der beiden Partner bleiben bestehen.  

In der häuslichen Gewalt ist das Paar in einem Teufelskreis gefangen. Dieser Zyklus der Gewalt läuft in drei Phasen ab, die sich ständig wiederholen:

  • die erste Phase ist die Phase des Spannungsaufbaus: bei beiden Partnern – wie bei jedem Menschen – stauen sich Frustrationen aus den verschiedensten Lebensbereichen auf und werden aufgebaut statt angesprochen und diskutiert zu werden. Der Aggressor kann mit diesen Frustrationen nicht umgehen und drückt sie als erstes in Form von verbaler und psychischer Gewalt aus. Die angegriffene Person spürt, dass sich eine Krise vorbereitet. Allerdings tut sie ihr Bestes,  um den Partner zu beruhigen und so eine Explosion vermeiden zu können.
  • Die zweite Phase ist die Phase der Gewalt: hier kommt es zur konkreten Handlung, der körperlichen oder sexuellen Gewalt. Die angegriffene Person empfindet nur noch Ohnmacht und ist verängstigt
  • Die dritte Phase ist die Phase der Erholung, des Honeymoon: nach der Krisenzeit wird dem Aggressor bewusst, dass er riskiert seinen Partner zu verlieren, den er allerdings braucht. Jetzt folgt eine Zeit der schönen Versprechungen und der Entschuldigungen. Der Aggressor nimmt Verhaltensweisen eines idealen Partners oder eines idealen Elternteils an und gibt dem Opfer die Schuld für seine Gewaltausbrüche. In dieser Phase verstärkt sich die Verbindung zwischen den zwei betroffenen Personen und die Angst des Opfers wird durch Hoffnung ersetzt.

Der Zyklus beginnt jedoch wieder von vorne. Bei jedem Rückfall wird die Gewalt intensiver und aggressiver, die Honeymoonphasen werden jedoch kürzer. Die Erfahrung und die Forschung haben gezeigt, dass die Mehrzahl der Menschen, die ihren Partner geschlagen haben, wieder damit anfangen wird. Diese Rückfälle sind schwer auszuhalten, da die Opfer hoffen, ihr Partner werde sich ändern und aufhören, gewalttätig zu sein.

Es ist wichtig, sich der Tatsache bewusst zu werden, dass Gewalt nicht nur aus Schlägen und Stöβen besteht. Gewalt fängt sehr wohl schon vor der körperlichen Gewalt an. Von dem Moment an, in dem ein Mensch einen anderen bedroht, ihn verbal angreift oder beschimpft, haben wir es mit Gewalt zu tun und es ist wichtig, darüber zu sprechen.

 

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