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Die Angst bei Krisensituationen

Pandemie, Krieg und andere Krisensituationen haben viele Menschen aus der Fassung gebracht. Täglich erreichen uns Bilder, welche Schock und Angst in uns auslösen können. Mit solchen Ereignissen kommen leider oft auch Existenzängste, die bei langem Anhalten nur noch schlecht ertragen und verarbeitet werden können. Durch die Allgegenwärtigkeit und Unmittelbarkeit von solchen Geschehen verlieren Gedanken wie etwa „sowas kann mir nicht passieren“ zunehmend an Wirkpotenzial.

Was ist Angst eigentlich?

Ohne Angst gehe ich bei Rot über die Ampel und werde überfahren. Dies zeigt schon, dass die Angst auch positive Konsequenzen hat und letztendlich das Überleben der Menschheit möglich machte. In unserem täglichen Leben ist die Angst der Ratgeber, der vor möglicher Gefahr warnt. In unserem Gehirn reagiert die Schaltzentrale der Angst in Sekundenbruchteilen bei Gefahr. Unser Körper muss sich damit darauf vorbereiten, jederzeit zu reagieren. So passiert es, wenn ein Auto zugerast kommt und man in Sekundenbruchteilen reagiert, indem man schnell zur Seite springt.

Der gleiche Mechanismus greift aber auch bei Bedrohung von abstrakten Werten wie Freiheit und Frieden. Auch in dem Fall kann Angst (in Form von Anspannung) entstehen, die von unserem Stresssystem reguliert wird. Bei einer solch abstrakten Bedrohung handelt es sich zu dem meist um langanhaltende Situationen, in denen wir ausharren müssen. Es hilft weder Flucht noch Kampf, noch wäre dies in vielen Fällen möglich. Die langanhaltenden Situationen bergen damit zusätzlich die Gefahr, dass sie einen krank machen können, denn erwiesenermaßen schwächt dauerhaft zu viel Stress unser Immunsystem.

Natürlich ist die Angst an sich für den Körper ungefährlich. Außer aber sie nimmt überhand, hält unangemessen stark lange an und beeinflusst oder beeinträchtigt dauerhaft unseren Lebensalltag. Dann wird es psychisch belastend und vor allem auch leidvoll für den Betroffenen.

Was tun bei zu viel Angst?

Bilder, die starke Emotionen auslösen, bewusster aussuchen

Tatsächlich raten viele Angstforscher, sich nicht zu sehr Angst- aber auch Entsetzen auslösenden Bildern und Filmen auszusetzen. Nicht zuletzt auch, um die seelischen Abwehrkräfte zu stärken. Dies gilt insbesondere für die digitalen Kanäle, in denen wir im Sekundentakt mit Schreckensbildern überrollt werden. Eine zu hohe Medienexposition kann sich nämlich definitiv auf das Stimmungs- und somit Angstniveau auswirken. Erwiesenermaßen dringen solche Bilder direkt und ungefiltert in unser Bewusstsein, wobei später das Unterbewusstsein nicht mehr unterscheiden kann, ob man diese Situationen selbst miterlebt, oder nur irgendwo digital gesehen hat. Daher ist es besser, sich selbst aussuchen zu können, was man sehen möchte, anstatt beängstigende Überraschungen erleben zu müssen.

Diese Vorgehensweise sollte man nicht mit Ausblendung oder gar Vermeidung verwechseln, vor allem weil Vermeidung immer eine schlechte Lösung bei Angst ist. Unsere Angst läuft bei Vermeidung einfach unterschwellig weiter. Insbesondere wenn wir solchen langanhaltenden bedrohlichen Situationen wie der Pandemie oder Krieg ausgesetzt sind und uns in unserer Handlungsfähigkeit hilflos fühlen. Oder gar ohnmächtig. Daher tut es uns gut, gerade in solchen Zeiten Handlungsoptionen zu finden. So kam es auch während der Pandemie zu Handlungsmöglichkeiten, wie bspw. Maske tragen oder impfen.

Handlungsmöglichkeiten finden, die einem gut tun

Gerade in Krisenzeiten ist alles hilfreich, was Stress abbaut. Das können sportliche Aktivitäten genauso sein, wie bspw. Entspannungsverfahren oder auch der Austausch mit Freunden und der Familie. Dies wirkt dem ständigen Auseinandersetzen mit einer bedrohlichen Situation direkt entgegen und kann akute Stressoren ausgleichen.

Viele Menschen engagieren sich beispielsweise in der Gemeinschaft. Auch dies ist ein klares Mittel, um aus der Hilflosigkeit herauszufinden. Zudem ist der Mensch ein zutiefst soziales Wesen und bei Konflikten kommt immer das Gruppendenken wieder hervor. Wir sind nicht zum Alleinsein geboren. Das Gefühl, in der Gemeinschaft etwas dazu beitragen zu können, dass sich die Situation bessert, gibt uns zudem das Gefühl, andere Menschen würden uns auch in Krisensituationen helfen. Damit fühlen wir uns nicht nur weniger hilflos, sondern erarbeiten uns auch eine Handlungsoption.

Hinzu kommt, dass wir uns mit unserem Engagement nach außen gegen z.B. Krieg positionieren können. Was wiederum unseren Gemeinschaftssinn und unser Zugehörigkeitsgefühl stärkt. So ist es häufig eine gute Idee, sich zu fragen, was kann ich heute tun, um zu helfen? Wie kann ich Solidarität zeigen?

Ablenkung kann auch helfen

Wie mit der Erarbeitung von Handlungsmöglichkeiten, ist es sinnvoll, Ablenkung zu finden, die die volle Aufmerksamkeit beansprucht. Diese kann von Mensch zu Mensch völlig verschieden sein, jeder ist anders in seinen Vorlieben. Wenn der eine sich mit seiner Steuererklärung entspannen kann, findet die andere Entspannung beim Online-Gaming.

Hauptsache ist, dass man das eigene Handeln als sinnvoll für die eigenen persönlichen Belange erachtet. Alles, was ich zugunsten persönlicher und für mich wichtiger Dinge mache, drängt die Angst in den Hintergrund.

Auch hier ist es wichtig, dass es nicht darum geht, die Angst zu vermeiden, oder gar zu verleugnen. Sondern meinem Handeln eine andere Priorität zu erlauben, als sich nur mit der Angst auseinanderzusetzen.

Gedanken teilen oder mitteilen

Schön ist, wenn man sich nicht nur alleine mit seinen Gedanken auseinandersetzt, sondern die Möglichkeit zu einem Austausch hat. Gespräche mit anderen Menschen, wie beispielsweise mit uns bei SOS Détresse, oder gemeinsame Zeit mit Freunden oder der Familie sind in solchen Krisenzeiten sehr wichtig. Je mehr wir die Gelegenheit haben, über unsere Gefühle zu reden, umso besser verstehen wir uns selbst. Dabei sollte man sich gerne vor Augen halten, dass es falsch ist, auf schöne Dinge zu verzichten. Man darf auch lachen und Freude haben, obwohl Krisen vorherrschen.

Man darf und sollte aber auch sich selbst anerkennen, dass man Angst hat. Dieses Anerkennen, oder diese Akzeptanz ist ein wichtiger Schritt im Anpassungsprozess an Krisenzeiten. Der Mensch ist nun mal sehr anpassungsfähig, wie bei allen Krisen werden wir uns ein Stück weit an die Situation gewöhnen.

Die eigenen Gefühle klar auszusprechen und nicht dagegen zu kämpfen oder zu verleugnen tut gut. Von anderen Menschen zu hören, dass sie die Ängste teilen, tut auch gut.

Wir bei SOS Détresse sind dafür da, Ihnen zuzuhören, Ihre Gedanken und auch Ängste ernst zu nehmen.

Wenn Sie das Gefühl haben, Unterstützung im Umgang damit zu benötigen können Sie sich jederzeit an uns wenden. Und dies völlig anonym und vertraulich.

Wir sind telefonisch täglich von 11 – 23 Uhr, freitags und samstags zusätzlich von 23 – 3 Uhr unter der Nummer 45 45 45 erreichbar. Schreiben können Sie uns unter www.454545.lu/onlinehelp-lu.

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